Haus auf der grünen Wiese
Haus auf der grünen Wiese
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EINREICHUNG Nr. 544
Zu Gast auf der grünen Wiese: Das Haus ist aus vorfabrizierten Holzelementen gebaut und auf Schraubfundamenten aus Stahl fundiert. So schwebt es über der kaum berührten Landschaft und verzichtet gänzlich auf den Einsatz von Beton. Das Projekt versucht, die negativen Konsequenzen des Bauens auf der grünen Wiese möglichst klein zu halten und hinterfragt bewusst Konventionen dieser Baukultur.

Das Zuhause für eine junge Familie steht auf einer steilen Parzelle, ist aber so ausgelegt, dass alle Räume mit dem Rollstuhl zugänglich sind. Die Volumina auf unterschiedlichen Ebenen folgen in ihrer Ausrichtung dem Terrain des Ortes. Die Innenräume rahmen eine Reihe von Aussichten in die umliegende Landschaft: Sanfte Hügel, die Seilbahn am Ende des Tals, die Wiese mit den Fruchtbäumen und der Wald.
Texte Davos Kriterien (Selbstevaluation)
Gouvernanz
Das Haus auf der grünen Wiese zeigt in mehreren Belangen nachhaltige Möglichkeiten auf, wie die ländlichen Wohngebiete in der Schweiz weiterentwickelt werden können. Es besteht nach wie vor grosse Nachfrage nach Einfamilienhäusern – der ressourcenintensivsten Wohnform – doch diese Orte können und dürfen nicht nach dem geltenden Schema weitergebaut werden. Das Projekt sucht sich innerhalb der geltenden Baugesetze die Freiheiten, die es braucht um sorgfältig mit unseren Ressourcen umzugehen.
Funktionalität
Das Projekt zeichnet sich durch seine Einfachheit aus. Die Räume erstrecken sich über ein Geschoss, alle Bereiche sind rollstuhlgängig. Das Innere ist frei von statischen Elementen, um eine einfache Anpassbarkeit zu gewährleisten. Das Haus kann mit der Familie wachsen oder schrumpfen und lässt sich in Zukunft neu konfigurieren. Über die Menschen hinausgedacht ist das Haus genauso flexibel: es bietet nicht-menschlichen Lebewesen die Möglichkeit, sich einen grossen Teil der Parzelle anzueignen.
Umwelt
Das Haus ist in Holz-Elementbauweise erstellt und verzichtet komplett auf den Einsatz von Beton. Allein durch die Verwendung von Stahlfundamenten anstelle von konventionellen Betonsporen wurden ca. 30% der Treibhausgasemissionen des gesamten Projekts eingespart. Es wurden konsequent möglichst lokale Materialien mit geringer Umweltbelastung eingesetzt. Die Parzelle wird nur so viel wie nötig berührt und die Konstruktion ist am Ende ihrer Lebensdauer komplett rückbaubar.
Wirtschaft
Die gleichen Massnahmen machen das Projekt nachhaltig und günstig. Der Verzicht auf einen Keller und grössere Eingriffe in die Landschaft führte zu grossen finanziellen Einsparungen. Der Einsatz der wiederverwendbaren Stahlfundamente bringt weitere monetäre Vorteile und hilft gleichzeitig, einen grossen Teil der Treibhausgas-Emissionen einzusparen. Die Konstruktion ist in den gängigsten Techniken und sichtbar ausgeführt, somit können alle Bereiche problemlos repariert und erneuert werden.
Vielfalt
Das Einfamilienhaus steht normalerweise für das Gegenteil von Vielfalt; für Individualität und Abgrenzung. Dieses Projekt versucht bewusst, diese Konnotationen aufzuheben. Durch seine grosse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ist das Haus ein Gefäss für verschiedenste Lebensentwürfe. Es gibt keine Zäune, kein Abstandsgrün, keine manikürierten Hecken: Das Grundstück ist offen und passierbar für Menschen und Tiere, die Nachbarschaft wird nicht auf Distanz gehalten.
Kontext
Das Gebäude nimmt die Charakteristika der bestehenden Bebauungsstruktur auf, wie etwa die typische, längs zum Tal gerichtete Setzung oder auch die gestaffelten Volumina mit Giebeldach, welche grössere Bauten in kleinere Teile herunterbrechen. Hauptbau, Annex und Ökonomieteil bilden ein Ensemble. Obwohl das Projekt die gängige Bauweise von Einfamilienhäusern in diesem Kontext in Frage stellt, fügt es sich natürlich ein in das bestehende räumliche Gefüge des Dorfs.
Genius Loci
Das Haus steht in einem konstruktiven Dialog mit bestehenden Einfamilienhäusern und landwirtschaftlichen Bauten im direkten Umfeld wie auch der weiteren Region. Es wurde von lokalen Handwerkerinnen und Handwerkern gebaut, in den Techniken, welche Sie am Besten beherrschen und welche die materielle Realität des Ortes konstituieren.
Schönheit
Die Materialpalette ist simpel und handwerklich geschickt verarbeitet, die Konstruktion ist klar lesbar. Die Qualitäten der oft verwendeten Materialen kommen klar zur Geltung: Die Maserung der Holzplatten, das feine Korn des Lehmputzes, der farbige Zuschlag des Gipsbodens. Durch seine präzise Proportionierung inszeniert das Haus die Landschaft für die Bewohnerinnen und Bewohner. Es ist ein Mittel um die intrinsische Schönheit der Materialien und der Landschaft wahrzunehmen.
Eigenschaften
Ort
4418 Reigoldswil
Baukategorie (SIA 102)
Wohnen
Art der Aufgabe
Neubau
Art des Verfahrens
Direktauftrag
Baukosten in CHF (SIA 416)
900'000
Geschossfläche in m² (SIA 416)
210
Planung
2021 → 2022
Fertigstellung
2022 → 2023
Inbetriebnahme
2023
Projektbeteiligte
Architektur
Holzbau